Das kleine EDM-Einmaleins: Grundlagen der elektroerosiven Bearbeitungsverfahren

James Anderton |

EDM (Electrical Discharge Machining, zu dt.: Elektroerosive Bearbeitung) gehört seit langem zu den Standardverfahren, wenn es darum geht, hochpräzise und anspruchsvolle Bearbeitungsaufgaben zu erledigen, bei denen konventionelle Zerspanung schwierig oder unmöglich ist. Das Konzept ist sehr einfach: Es fließt elektrischer Strom zwischen einer Elektrode und dem zu bearbeitenden Objekt.  Die Funkenentladung erodiert das Objekt dann zu der gewünschten Endform.

Der gesamte Prozess findet in einem dielektrischen Bad wie Öl oder deionisiertem Wasser statt. EDM wurde während des Zweiten Weltkrieges von den Lazarenko-Brüdern in der Sowjetunion entwickelt. Seitdem hat es sich zu einem bedeutenden Industriezweig entwickelt und wurde in verschiedene industrielle Maschinenbautypen übersetzt. Elektrische Funkenerosion gilt seit langem als ein Verfahren zur Erzielung extrem hoher Temperaturen. Die plasmaähnlichen Temperaturen von rund 10.000 Grad Celsius können bei Erodierprozessen komplexe, mikroskopisch kleine Strukturen auf der Werkstückoberfläche schaffen.

Während es im Allgemeinen als ein klassisches Hochtemperaturschmelzverfahren bekannt ist, ist das Geschehen auf der Werkstückoberfläche im Detail noch Gegenstand der Forschung. Die größte Herausforderung bei der elektroerosiven Bearbeitung in Bezug auf Effizienz ist die Steuerung der Elektrode. Es gibt noch andere relevante Parameter, wie z.B. die Elektrodenform bei einigen Prozessarten – Probleme, die die computergestützte numerische Steuerung (CNC) von Maschinen zu einem bahnbrechenden Fortschritt im Zuge der weiteren Verbreitung der Elektroerosion machten.

Die drei Haupttypen von EDM-Maschinen

Während es zahlreiche Sonderformen der Elektroerosion gibt, werden elektroerosive Industrieanwendungen gewöhnlich in drei Kategorien unterteilt:

  1. Drahterosion
  2. Senkerosion oder „funkenerosives Senken“
  3. Bohrerosion oder „Startlochbohren“

Wie der Name bereits vermuten lässt, nutzt die Drahterosion als Elektrode einen dünnen Draht, der das funkenauslösende elektrische Potential in sich birgt. Er ist so programmiert, dass er sich in einem sorgfältig gesteuerten Muster bewegt, das in etwa dem Bewegungsmuster der Laubsäge eines Tischlers entspricht. Die Steuerung der Drahtbewegung in einer XY-Ebene ähnelt der Steuerung anderer CNC-gesteuerten Technologien, jedoch auf Basis der besonderen Voraussetzungen und speziellen Anforderungen der Funkenerosion. Die Entladung erodiert von Natur aus nicht nur das zu bearbeitende Objekt, sondern auch die Elektrode selbst, so dass als Elektrode üblicherweise eine Drahtspule verwendet wird, die kontinuierlich per Motorantrieb abgerollt wird, um eine stets neue Entladungsstrecke während der Bearbeitung zur Verfügung zu stellen.

Außerdem kann während des Prozesses eine instabile Entladung entstehen, wenn das Dielektrikum einen Spannungsdurchschlag erfährt oder durch Erosionspartikel kontaminiert wird. Die Regelelektronik kann das bis zu einem gewissen Grad kompensieren, aber dennoch muss der Bearbeitungsraum kontinuierlich durchgespült werden, indem man regelmäßig sauberes Dielektrikum einleitet.

Die gängige Drahterodiertechnik des sogenannten „Käseschneidens“ findet breite Anwendung, hat aber eine wichtige Einschränkung: Der Draht muss vollständig durch das Werkstück hindurchgeführt werden, so dass ein dreidimensionales Werkstück dadurch in der Folge zweidimensional geschnitten wird. Komplexe Wölbungsformen, die in vielen Bearbeitungs- und Formanwendungen benötigt werden, wie z. B. Metallstanzformen und Kunststoffspritzgussformen, können mittels „Senkerodieren“ (auch als „funkenerosives Senken“ bezeichnet) realisiert werden.

Dabei wird eine elektrisch leitfähige Graphitelektrode präzise zu einem „positiven Gegenstück“ des gewünschten Wölbungsraums gefräst, die vorsichtig auf das Werkstück herabgesenkt wird. An der Oberfläche der Graphitelektrode wird dann eine Funkenentladung veranlasst. Die Fähigkeit, komplexe, dreidimensionale Wölbungsräume zu schaffen, ist ein großer Vorteil dieser Methode. Nachteile sind die Notwendigkeit, die Elektrode entsprechend in Form zu bringen, komplexere Probleme bei der Kontrolle des Elektrodenverschleißes und gelegentliche Komplikationen bei der Spülung der Schnittwege.

EDM kann zum Anbringen von Löchern eingesetzt werden. Wenn eine kleine Vorbohrung am Werkstück vorgenommen wird, kann ein entsprechender Draht eingeführt und konventionelle Drahterosion angewendet werden. Wo dies nicht möglich ist – zum Beispiel bei Sacklochbohrungen – kann eine spezielle Senkerodiermaschine eingesetzt werden. Diese Maschinen, die gemeinhin als „Hole Popper“ bezeichnet werden, verwenden ein rotierendes, leitfähiges Rohr als Elektrode, mit einem kontinuierlichen Strom von Dielektrikum (normalerweise deionisiertes Wasser), um den Schnitt zu spülen.

Dasselbe Prinzip wird auch bei Drahterodiermaschinen verwendet, um die für das Drahteinfädeln notwendige Vorbohrung zu erzeugen. Anhand dieser Technik können sehr genaue, präzise Bohrungen vorgenommen werden, was zahlreiche bahnbrechende Anwendungen ermöglicht hat. Am wichtigsten ist vielleicht der Einsatz von EDM-induzierten Kühlöffnungen in Turbinenblatt-Komponenten aus Hochtemperatur-Legierungen. Dies ermöglicht einen „Filmkühlungs“-Prozess, der den Betrieb von Düsentriebwerken bei höheren Temperaturen ermöglicht und eine erhöhte Lebensdauer und Effizienz gewährleistet.

Warum EDM?

Praktisch gesehen überwindet die Funkenerosion ein großes Problem der konventionellen Bearbeitung: die Materialhärte.

Bei herkömmlichen Bearbeitungsverfahren werden Werkstücke aus Metall in der Regel aus speziellen Arten von härtbaren Werkzeugstählen hergestellt, die im glühenden oder weichen Zustand bearbeitet werden, um das Spanen zu erleichtern.

Nach der Bearbeitung der gewünschten Form werden die Teile durch eine oder mehrere Wärmebehandlungen gehärtet. Dies erhöht den Zeit- und Kostenaufwand und kann die Maße der Fertigteile verändern, insbesondere wenn ein schlecht gesteuerter Wärmebehandlungsprozess zum Einsatz kommt. EDM jedoch kann sowohl gehärtete Materialien als auch exotische Metalllegierungen schneiden und als Bonus verleiht es eine exzellente Oberflächenstruktur, wodurch der Bedarf an Nachbearbeitung durch Schleifen oder Oberflächenbehandlung nicht selten minimiert wird.

Wie alle Bearbeitungsprozesse ist auch EDM ein Spagat zwischen Geschwindigkeit und Oberflächenqualität. Bei Drahterosionsprozessen ist es zum Beispiel üblich, einen schnelleren, groberen Schnitt zu verwenden, gefolgt von einem Schlichtungsschnitt, der ein weniger aggressives Spülprogramm verwendet, um Rutschbewegungen des Drahtes zu minimieren. Der Materialabtrag kann so präzise gesteuert werden. Seine Dimensionen werden typischerweise über die Maßeinheit „Zehntel“ beschrieben.

Über die Funkenerosion gibt es noch um einiges mehr zu sagen. Zukünftige Artikel werden sich tiefer mit dieser äußerst vielseitigen, kontaktlosen Bearbeitungstechnik beschäftigen. Nachfolgend finden Sie einige Beispiele für EMD-Maschinen.

Ein neues Generatorenkonzept für die einfache Funkenerosion durch Drahteinführung

Die CUT 2000S von GF AgieCharmilles zeichnet sich durch ein neues Generatorenkonzept aus: Ein Modul zur einfachen Drahteinführung unter schwierigen Bedingungen, die Verfügbarkeit von Echtzeit-Messung sowie ein automatisierter Komponenten- und Werkzeugwechsel. Die CUT 2000S verkürzt nachweislich die Bearbeitungszeit um 30 Prozent und erzeugt hochwertige Oberflächengüten von Ra ≤ 0,08µm.

Senkerodieren mit automatischem Werkzeugwechsel und adaptiver Steuerung

Die Senkerodiermaschine EDNC85 von Makino kombiniert robuste Konstruktion, einfache Programmierung und fortschrittliche Design- und Leistungsmerkmale mit dem Ziel der präzisen Erosion großer Werkstücke. Ausgestattet mit einem „Rippenkopf“-Aufsatz kann diese große Maschine tiefe Rippen genauso schnell oder schneller produzieren als die kleinsten Senkerodiermaschinen auf dem Markt. Automatischer Werkzeugwechsel und adaptive Steuerung ermöglichen eine weitgehend unbeaufsichtigte Bearbeitung. „A-Jump“ – das automatische Steuerungssystem für die Bearbeitungssprünge –  bestimmt die Sprungbedingungen für den jeweiligen Bearbeitungsauftrag, so dass kein Bedienereingriff mehr erforderlich ist.

Rückstoßfreie Drahterosion mittels Brückenkonstruktion

Die Drahterodiermaschine AP250L von Sodick arbeitet auf Basis eines Linearmotorantriebs und einer Brückenkonstruktion für eine optimierte Positionier- und Bearbeitungsgenauigkeit.  Sie hat den Vorteil einer rückstoßfreien, präzisen Achsenbewegung und minimiert gleichzeitig den Verschleiß bzw. die Ausbeulung der Maschinenstruktur. Das neu entwickelte Netzteil LN2W ist auf der AP250L mit der „Perfect Active Control“-Technologie ausgestattet und arbeitet mit einer seriellen 1 Gbit/s-Kommunikationstechnologie mit Hochgeschwindigkeitsübersetzung von sowohl Entladungssteuerung als auch Bewegungssteuerung in einem simultanen Prozess.

Automatische Drahterosion ohne dielektrischen Flüssigkeitsaustausch

Die Taucherosionsanlage AU-1440iA Z800 von Absolute Machine Tools ist für die Bearbeitung von kleinen und großen Werkstücken mit einem Gewicht von bis zu 16.400 lb (ca. 7440 kg) ausgelegt. Die automatische Drahteinführung erhöht die Bearbeitungsgeschwindigkeit durch schnelle, eintauchartige Rückeinfädelung an der Bearbeitungsstelle. Wenn der Kontakt zum Draht unterbrochen wird, erfolgt die Rückeinfädelung ohne Abfluss oder Austausch des Dielektrikums, so dass die Funken-zu-Funken-Zeitspanne nur 15 Sekunden beträgt. Ein 64-Bit CNC-System auf Windows CE-Basis steuert die Maschinenachsen über direkt gekoppelte AC-Servomotoren mit geschlossenem Regelkreis und einer Auflösung von 8 Millionstel dank eines linearen Glasmaßstab-Feedbacksystems von Heidenhain.

Zylindrischer Motor eliminiert Rastung

Die Elektroerosionsanlagen der MV-Serie von Mitsubishi verfügen über einen neuen zylindrischen Antriebsmotor, der höhere Geschwindigkeiten und Präzisionen ohne Rastmoment und Zeitverlust ermöglicht. Die MV Serie ist mit einem T-förmigen Gussgehäuse mit direkter Achsaufhängung ausgestattet, was eine höhere Genauigkeit, Steifigkeit und Laufruhe gewährleistet. Das faseroptische Antriebssystem und der V350 Typ-5-Generator der MV-Servosteuerung beschleunigen die Reaktionszeit und Genauigkeit und verringern den Elektrodenverschleiß und die Zahl der Erschütterungen. Das automatische Einfädelungssystem der MV-Serie bietet eine 14 Zoll Glühdrahtlänge, eine neu gestaltete Z-Achse für hohe Werkstücke und einen minimierten Drahtspulungsbedarf.