Airbus enthüllt originelle neue Nullemissionskonzepte

Matthew Greenwood |

(Bild mit freundlicher Genehmigung von Airbus/ Adobe)

Airbus hat Konzepte für drei zukunftsweisende emissionsfreie Verkehrsflugzeugmodelle veröffentlicht, die schon 2035 auf einem Flughafen in Ihrer Nähe landen könnten.  Sie alle sind Teil der umfassenderen Strategie von Airbus, ein Branchenführer im Bereich der umweltfreundlichen Luftfahrt zu werden.

Das ZEROe Flugzeugkonzept umfasst drei verschiedene Ansätze zur Emissionsreduzierung, jeder mit seinen jeweils eigenen technologischen Besonderheiten. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass sie alle auf Wasserstoff als Energieträger setzen. Im Folgenden werfen wir einen genaueren Blick auf die Konstruktionseigenschaften dieser hochinnovativen Passagierflugzeuge.

Das Kurzstrecken-Turboprop-Modell

(Bild mit freundlicher Genehmigung von Airbus/ Adobe)

Der erste Entwurf ist ein Flugzeug mit einer Kapazität von 100 Passagieren. Das Konzept sieht einen Antrieb durch zwei modifizierte, mit sechsblättrigen Propellern ausgestattete Gasturboprop-Triebwerke vor, die für die Verbrennung von flüssigem Wasserstoff ausgelegt sind. Das Flugzeug hätte eine Reichweite von etwa 1.850 Kilometern, was es gut geeignet für regionale Zubringerrouten machen würde. Das Flugzeug verwendet außerdem elektrische Batterien, die von den Triebwerken aufgeladen werden und in der Lage wären, diesen bei Bedarf einen Leistungsschub zu geben.

Der Entwurf sieht der aktuellen Turboprop-Flotte von Airbus sehr ähnlich, mit einem merklichen Unterschied: Es gäbe keine Sitze im hinteren Raum des Flugzeugs. Auf die hinteren Sitzreihen würde verzichtet werden, um Platz für die Wasserstofftanks des Flugzeugs zu schaffen. Das würde in der Folge natürlich zu weniger Sitzplätzen für Passagieren führen. Das am ehesten mit diesem Entwurf vergleichbare existierende Modell wäre der Airbus A220-100.

Das transkontinentale Turbofan-Modell

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Zweitens hat Airbus ein Turbofan-Flugzeug entwickelt, das 120 bis 200 Passagiere über 3.700 km weit befördern kann. Dies würde bedeuten, dass es für Transatlantikflüge einsetzbar wäre – und es somit zu einem potenziellen Nachfolger des Airbus A320 machen. Der Turbofan würde von einem modifizierten Turbinentriebwerk angetrieben, das mit Wasserstoff betrieben wird.

Wie beim Turboprop-Modell würde auch bei diesem Flugzeug der flüssige Wasserstoff in Tanks gespeichert, die hinter dem rückwärtigen Druckschott installiert sind, und an die Flügeltriebwerke verteilt. Das Modell verfügt außerdem über einen in das Seitenleitwerk eingebauten Abzugkanal, um Wasserstoffgas im Falle eines Lecks abzulassen.

Das Blended-Wing-Modell

(Bild mit freundlicher Genehmigung von Airbus/ Adobe)

Als das ausgefallendste der drei ZEROe-Konzeptflugzeuge könnte dieses Flugzeug bis zu 200 Passagiere befördern und hätte eine mit dem Turbofan-Modell vergleichbare Reichweite. Es ist ein radikales und unkonventionelles Design – eine Art riesiger Nurflügler. Während die beiden anderen Modelle wie herkömmliche Passagierflugzeuge aussehen, verschmelzen die Flügel dieses Flugzeugs mit dem Rumpf, der wesentlich breiter ausgelegt ist als bei den beiden anderen Konzepten. Airbus hat eine ganz ähnliche Konstruktion kürzlich anhand seines Demonstratormodells MAVERIC zur Schau gestellt.

Dieses aerodynamisch effiziente Design erschließt den nötigen Raum – und mehr Konfigurationsmöglichkeiten – zur Unterbringung einer größeren Zahl an Passagieren sowie zur Speicherung und Verteilung des Wasserstoffs. Airbus hat sich noch nicht auf ein bestimmtes Layout festgelegt und behält sich vor, die verschiedenen Möglichkeiten diesbezüglich näher auszuloten.

(Bild mit freundlicher Genehmigung von Airbus/ Adobe)

Warum Wasserstoff?

Wasserstoff ist attraktiv, weil er als alternativer Kraftstoff den Möglichkeiten der fossilen Antriebe am nächsten kommt. Jedoch ist das Tankdesign in diesem Zusammenhang entscheidend: Wasserstoff verflüssigt sich bei -425 °F, so dass der Tank die Substanz vom Start bis zur Landung auf dieser Temperatur halten muss.

Airbus setzt auf ein dreifaches Nutzungspotential von Wasserstoff: Er kann direkt durch modifizierte Gasturbinen-Triebwerke verbrannt werden, über Brennstoffzellen in elektrische Energie umgewandelt werden sowie in Verbindung mit CO2 zur Herstellung von synthetischem Kerosin verwendet werden. Die ersten beiden dieser Eigenschaften sind für das ZEROe-Flugzeugmodelle besonders wichtig. Und wenn sich diese Technologien als praktikabel erweisen, könnte es sogar möglich sein, bestehende Flugzeuge wie den Airbus A320neo oder die Boeing 737 MAX mit wasserstoffbetriebenen Triebwerken nachzurüsten.

Airbus sieht Wasserstoff offensichtlich als den gangbarsten Weg für emissionsfreie Passagierflugzeuge an. Das Unternehmen hat sich dem Wasserstoff gegenüber anderen grünen Energieoptionen verpflichtet, weil er ein „Energieträger ist, der mit erneuerbarer Energie erzeugt und an Bord eines Flugzeugs mitgeführt werden kann“, sagt Glenn Llewellyn, Vice President und Leiter des Bereichs Zero Emission Aircraft bei Airbus. Er fügt hinzu, dass er darüber hinaus „ein Energieträger ist, der in vielen Industrien eingesetzt weden muss, damit wir als Weltgemeinschaft überhaupt den Hauch einer Chance haben, die Ziele des Pariser Abkommens zu erfüllen… die Skaleneffekte, die wir in den nächsten Jahren erleben werden, werden die Kosten diesbezüglich erheblich senken. Das macht Wasserstoff insbesondere für die Luftfahrt sehr interessant.“

“Ich bin der festen Überzeugung, dass die Verwendung von Wasserstoff – sowohl in synthetischen Kraftstoffen als auch als primäre Energiequelle für Verkehrsflugzeuge – das Potential hat, den ökologischen Fußabdruck der Luftfahrt erheblich zu reduzieren”, so Guillaume Faury, Chief Executive Officer von Airbus.

Noch zu erwähnen in diesem Zusammenhang wäre das Thema Elektroflugzeuge. Airbus hat erklärt, dass es der Idee einer zukünftigen Produktion von Elektrojets offen gegenübersteht, aber dafür würden wahrscheinlich andere Designs als beim ZEROe-Projekt verwendet werden und es würde sich dabei wohl eher um kleinere Serien handeln. “Die Batterietechnologie macht nicht in dem Tempo Fortschritte, in dem wir es uns wünschen, und genau da kommt Wasserstoff ins Spiel“, erklärt Llewellyn. „Er hat eine tausendfach höhere Energiedichte pro Kilogramm als die modernsten Batterien zum heutigen Stand.”

Die Modernisierung der Luftfahrtindustrie

So weit entfernt diese Konzeptflugzeuge auch erscheinen mögen, es steckt ein sehr realer wirtschaftlicher Impuls dahinter. Die globale Luftfahrtindustrie hat sich verpflichtet, die Kohlenstoffemissionen bis 2050 auf die Hälfte des Niveaus von 2005 zu reduzieren. Sowohl Flugzeughersteller als auch Fluggesellschaften sehen sich einem wachsenden Druck von Regierungen und Kunden ausgesetzt, Emissionen zu reduzieren – wie der jüngste Trend des „Fly Shaming“ zeigt. Und dann ist da natürlich noch der massive Schlag für die kommerzielle Luftfahrt aufgrund der Coronavirus-Pandemie.

Eine Fluggesellschaft – EasyJet – hat sich bereits öffentlich für die ZEROe-Konzepte ausgesprochen. Die Fluggesellschaft arbeitet bereits in Partnerschaft mit Airbus aktiv an der Erforschung von Hybrid- und Elektroflugzeugen und den damit verbundenen Infrastrukturanforderungen.

Doch die Airlines können die Luftfahrtindustrie nicht alleine revolutionieren – wenn diese Konzepte Wirklichkeit werden sollen, müssen die Flughäfen beträchtliche Summen in die für Wasserstofftransport, -speicherung und -betankung erforderliche Infrastruktur investieren.

Ein marktreifes Flugzeug bis 2035

Das ZEROe-Projekt stellt einen äußerst ehrgeizigen Plan von Airbus dar – und es sollen Milliarden in die Umsetzung des Projeks fließen. Das Unternehmen wird zunächst alle drei Optionen verfolgen und verspricht, die ersten Ergebnisse bereits Mitte 2021 vorweisen zu können. Das Unternehmen arbeitet bereits an einem Nullemissions-Demonstratormodell, das zeigen soll, wie man die Betankung eines wasserstoffbetriebenen Flugzeugs risikofrei gestalten und den Wasserstoff an Bord sicher speichern und verteilen kann.

Der europäische Luft- und Raumfahrtriese kündigte an, er werde sich innerhalb von fünf Jahren entscheiden, welches Konzept er letztendlich in die Entwicklung bringen wird.

Airbus stellt seine Nullemissions-Flugzeugkonzepte vor.

“Dies ist ein historischer Moment für den gesamten kommerziellen Luftfahrtsektor, und wir beabsichtigen, eine führende Rolle beim wichtigsten Wandel zu spielen, den diese Branche je erlebt hat”, sagt Faury. “Die Konzepte, die wir heute vorstellen, geben der Welt einen Einblick in unsere Bestrebungen, eine mutige Vision für die Zukunft des emissionsfreien Fliegens voranzutreiben.”