Mechanik- und Elektronikdesign sind am Zusammenwachsen-  aus Notwendigkeit

John Hayes |

Die Elektronik ist dabei, zu einem so relevanten Teil des Produktdesigns zu werden, dass rein mechanische Produkte zu einer Seltenheit in unserer modernen Welt geworden sind. Aber das Zusammenspiel zwischen Mechanik- und Elektronik-Designteams kann alles andere als einfach sein. Es ist eine Konstellation, die nicht selten zu Verzögerungen bei der Markteinführung von Produkten führt.

Die physische Ausgestaltung der Elektronik muss beim Produktdesign genauestens berücksichtigt werden. Nehmen wir zum Beispiel eine Leiterplatte (Printed Circuit Board, PCB). Der typische Arbeitsablauf besteht darin, dass ein Elektronikdesigner jeweils mit einer bestimmten Designsoftware arbeitet, während sein Mechanik-Kollege das Gehäuse mit einem anderen Softwaretool entwirft.

Dieses FLOWdometer von SweetSense, hier an einer Lötvorrichtung angebracht, demonstriert eine gewöhnliche Aufgabe des Mechanikers: Die Leiterplatte in den Hohlraum einzupassen. Das Bestreben, Geräte immer kleiner zu machen, führt zu mehreren Entwurfsiterationen zwischen Elektronik- und Mechanikdesignern. (Bild mit freundlicher Genehmigung von SweetSense)

Taylor Sharpe ist Mechaniker bei SweetSense, einem Hersteller von Sensoren, die kritische Wasserinfrastrukturen in abgelegenen Teilen Ostafrikas überwachen. Er beschrieb die Verzögerungen, die sich aus einem Arbeitsablauf ergeben, bei dem ständig zwischen Elektronik- und Mechanikdesign hin- und hergewechselt wird. “Unser Elektronikingenieur entwirft eine Platte und schickt sie an eine Drittpartei, um einen Prototyp erstellen zu lassen”, sagt Taylor. “Wenn wir dann den Prototyp bekommen, kann es passieren, dass er nicht in das Gehäuse passt, entweder weil der Elektronikdesigner etwas hinzugefügt hat oder weil jemand auf der Mechanikseite das Gehäuse ändert. Dieses Hin und Her ist für viele Verzögerungen im Prozess verantwortlich.”

Das Problem wird immer kritischer, da Elektronikdesigner, Softwareentwickler und Mechaniker gezwungen sind, bei Produktreleases immer enger zusammenzuarbeiten. In einer kürzlich durchgeführten engineering.com-Umfrage haben wir festgestellt, dass ein “typisches” mittelständisches Ingenieurteam derzeit meist aus drei Mechanikern, drei Elektro-/Elektronikdesignern, zwei Software-Designern, zwei Systementwicklern und einem Industriedesigner besteht.

Ein typisches Produktentwicklungsteam besteht aus 11 Mitgliedern, darunter Spezialisten für Mechanik, Systeme, Industrie, Elektrik/Elektronik und Software. (Quelle: Forschungsbericht: Integrating Electrical and Mechanical Design. Do Product Teams See Value?)

Alles, was Unternehmen tun können, um den Workflow zwischen den verschiedenen Disziplinen zu optimieren, ohne auf Dateiübersetzung zurückgreifen zu müssen, ist ein STEP (man beachte das Wortspiel) in die richtige Richtung.

CAD-Anbieter arbeiten daran, integrierte elektrische und mechanische Arbeitsabläufe zu unterstützen. Siemens PLM kaufte Mentor Graphics im Jahr 2017 und bietet nun Elektro- und Elektronikdesign innerhalb seiner CAD-Pakete NX und Solid Edge an. SOLIDWORKS verfügt seit vielen Jahren über eine Elektronikdesign-Software und ist zudem Partner von Altium im Bereich PCB-Design. Ebenso übernahm Autodesk 2016 EAGLE. Alle diese Softwareanbieter sind bestrebt, eine bidirektionale Assoziativität ohne Dateiübersetzung zu schaffen, um den elektronisch/elektrisch-mechanischen Workflow zu optimieren.

Autodesk kündigte kürzlich Verbesserungen bei der Integration seiner Cloud-basierten mechanischen CAD-Lösung Fusion 360 mit EAGLE, seinem PCB-Design-Tool, an. Sam Sattel, Senior Marketing Manager bei Autodesk, behauptete, dass EAGLE das beliebteste PCB-Design-Tool der Welt ist, mit “Millionen” von Nutzern in der kostenlosen Version. Die kostenlose Version ermöglicht es Teams, Leiterplatten mit bis zu 2 Schichten zu entwerfen.

Sam zufolge arbeitet Autodesk seit der Übernahme mit Hochdruck an einer echten Assoziativität zwischen Fusion und EAGLE, bei der “eine Änderung auf einer Seite des Modells die jeweils andere Seite informiert”, obwohl er zugibt, “dass es noch nicht voll funktionsfähig ist”. Beispielsweise versteht das mechanische Modell in Fusion 360 die verschiedenen Schichten der Leiterplatte noch nicht.

Auch die gesamte elektrische Simulation und das elektronische Design werden in EAGLE durchgeführt. Allerdings unterstützt die integrierte Lösung nun den Import von Leiterplattenentwürfen von Fusion 360 nach EAGLE oder EAGLE nach Fusion 360. Außerdem können Benutzer die Platzierung von Komponenten auf dem Board in EAGLE oder Fusion 360 aktualisieren und jede Komponente mit einem 3D-Modell versehen. Dies ist insbesondere sinnvoll für Teams, bei denen die Verantwortlichkeiten für Elektronik- und Mechanikdesign immer mehr verschwimmen.

Sam verwies auf ein häufiges Problem bei der Platzierung von Montagelöchern. “Typischerweise würde ein Elektronikdesigner sein Design mit ein paar Einschränkungen durch die Mechanikdesigner beginnen, wie z.B. der Größe der Platine oder der Position kritischer Komponenten wie HDMI-Steckern und Montagelöchern”, sagte er, “Das Mechanikteam fährt dann fort und setzt voraus, dass das Elektronikteam in der Lage ist, diese Einschränkungen zu erfüllen. Aber um dies zu tun, müsste der Elektronikdesigner möglicherweise ein Montageloch an einer anderen Stelle anbringen. Oder der Mechaniker muss eine wichtige Komponente nur ein wenig versetzen.”

Und schon hat man den Salat…

Ein in Fusion 360 entworfenes FLOWdometer mit einer in EAGLE entwickelten Leiterplatte. (Bild mit freundlicher Genehmigung von SweetSense)

Sattel betonte: “Mit der verbesserten Integration von EAGLE/Fusion 360 informiert jede Änderung an einem Modell das jeweils andere Modell. Der Designer kann dann wählen, ob er die Änderung akzeptiert oder ablehnt. Angenommen, Sie arbeiten in EAGLE und es hat eine Änderung am mechanischen Modell stattgefunden. Sie werden über die Änderungen durch ein textbasiertes Fenster informiert, das Ihnen sagt, was sich geändert hat, mit Hinweis darauf, wo die Änderung vorgenommen wurde.”

“In die andere Richtung funktioniert die Benachrichtigung ähnlich, aber etwas eleganter. Der Benutzer wird über das Update informiert und aufgefordert, das Modell zu synchronisieren.”

In dieser Videodemonstration entwirft der Designer den Platinenentwurf in Fusion 360, einschließlich der Befestigungslöcher, und sendet das Design an EAGLE, wo die Komponenten platziert werden können. Die Demonstration zeigt auch einige beispielhafte, wechselseitige Design-Iterationen, bei denen von einem Programm zum anderen gewechselt wird.

Laut Taylor von SweetSense war diese Funktionalität in Fusion 360 bereits “eine bahnbrechende Verbesserung” des Design-Workflows. Er entwirft nun die Gehäusemodelle in Fusion 360 unter Verwendung des PCB-Entwurfs. “Wenn der Elektronikdesigner Änderungen vornimmt, werden diese automatisch auf das mechanische Modell übertragen”, erklärte er. “Wir können jetzt mechanische Störungen viel schneller aufspüren als beim herkömmlichen Prototyping. Es ermöglicht uns außerdem, spezifische Montageansätze zu erforschen, um das Gehäuse so eng wie möglich um die Platinenelektronik herum zu montieren.”

“Durch den Einsatz eines integrierten elektronisch/mechanischen Werkzeugs wie Fusion 360 mit EAGLE haben wir unsere Gesamtzykluszeit um 50% reduziert, plus-minus”, fügte er hinzu. Die Ergebnisse der engineering.com-Umfrage unterstützen seinen Kommentar. Ganze 72% der Designteams gaben an, dass sie ihre Entwicklungszykluszeit mit integrierten elektrischen und mechanischen Designtools verkürzen konnten.

EAGLE und Fusion 360 sind immer noch zwei separate Softwarepakete. Die Ideallösung wäre ein einziges Programm, das auf einer gemeinsamen Datenbank läuft und maßgeschneiderte Menüs für die jeweilige Disziplin bietet. Dazu ist eine Cloud-basierte Produktentwicklungsumgebung erforderlich, die sämtliche Daten speichert und synchronisiert. Während viele Softwareanbieter anscheinend in diese Richtung gehen, bleibt eine vollständig integrierte Lösung von Tools zwar in Sichtweite, jedoch noch ein gutes Stück entfernt. Was uns nicht davon abhält in der Zwischenzeit von den Fortschritten zu profitieren, die die Designsoftware-Entwickler auf dem Weg dorthin erzielen.