Digital Twins: Wo stehen wir heute?

Phillip Keane |

Die Digital-Twin-Technologie ist zwar nicht gerade neu, doch wie so viele Phänomene im Bereich Industrie 4.0 werden Digital Twins stets relevanter infolge einer Konvergenz der Technologien, die ihre Existenz überhaupt erst möglich gemacht haben.

Dank der Cloud, dem Internet der Dinge (IoT), fortgeschrittenen Simulationstechniken sowie der riesigen Menge an zur Verfügung stehender Rechenleistung stellen Digital Twins definitiv eine Zukunftstechnologie dar, die man im Auge behalten sollte. Die Industrie investiert hohe Summen, um mit den Entwicklungen in diesem Bereich Schritt halten zu können.

In diesem Beitrag werden wir einen Blick auf die Grundlagen der Digital-Twin-Technologie werfen und mit Vertretern verschiedener Unternehmen sprechen, die aktiv an deren Entwicklung beteiligt sind, um herauszufinden, auf welchem Stand sich die Technologie derzeit befindet.

Digital Twins von Turbofans (Bild mit freundlicher Genehmigung von ANSYS.)

Digital Twins – Die Basics

Ein Digital Twin (auch: Digitaler Zwilling) ist ein virtuelles Duplikat (oft in 3D) eines realen Systems.

Zwischen dem Twin und seinem realen Gegenstück findet ein permanenter Datenaustausch statt und über Sensoren am realen System wird der Twin ständig aktualisiert, sodass der Zustand des Systems praktisch in Echtzeit überwacht werden kann. Dieser Prozess ist jedoch nicht nur zur Statusaktualisierung des realen Systems geeignet. Der Twin kann so programmiert werden, dass Was-wäre-wenn-Szenarien ausgeführt sowie optimale Parameter für die jeweiligen Systemfunktionen ermittelt werden können.

Ein Digital Twin besteht oft aus verschiedenen Ebenen, wobei jede virtuelle Ebene einer bestimmten physikalischen Ebene entspricht. Diese Ebenen können physikalische Prozesse, Materialien, Strukturen, Elektronik, Flüssigkeiten usw. umfassen.

Solange ein System gemessen werden kann, kann es mit einem Digital Twin modelliert werden. Je mehr Daten Sie am realen System erfassen, desto robuster und präziser kann die digitale Kopie ausgelegt werden. Unsere im Zeitalter von Big Data und der Cloud exponentiell gestiegene Fähigkeit, reale Systeme erfassen, verarbeiten und simulieren zu können, hat diese Technologie erst möglich gemacht. Die Digital-Twin-Technologie ist also ein echtes Baby der Industrie 4.0.

Anhand eines Digital Twins können zahlreiche Informationen gewonnen werden – sei es für diagnostische oder prognostische Zwecke. Solche Informationen können dazu verwendet werden, Ausfallzeiten zu reduzieren und die Rentabilität zu erhöhen. Man kann sie sogar vom konkreten Betriebs- und Anwendungsfall zurück in die Produktentwicklungsphase überführen, was einen geschlossenen Produktlebenszyklus ermöglicht, in dem zukünftige Produkte kontinuierlich optimiert werden können. Dies ist gängige Praxis innerhalb der IoT-getriebenen Produktentwicklung. In der Vergangenheit endete die Produktentwicklung in der Regel, sobald dem Kunden das Produkt übergeben wurde.

Das Digital-Twin-Schema (Bild mit freundlicher Genehmigung von Deloitte)

Diese Zeiten jedoch sind mittlerweile längst vorbei und das Produktfeedback reicht weit über die Übergabe des Produkts hinaus bis zum Service und sogar der Entsorgung. Gewinnt ein Produkt an Effizienz, so gilt das auch für seinen Twin – und umgekehrt. Der Twin kann als eine Art Sandbox-Anwendung genutzt werden, anhand der man neue Ideen testen und Erkenntnisse in Bezug auf das reale Gegenstück ableiten kann. Im Gegenzug kann man aus der realen Anwendung wiederum Erkenntnisse im Hinblick auf den Twin ableiten. Der Datenfluss ist also ein wechselseitiger Prozess, bei dem sich die digitale Version sowie die Hardware gleichermaßen weiterentwickeln lassen.

„Ein digitaler Zwilling bietet eine neue Art der Schnittstelle zur realen Welt, indem er ein realitäts- und detailgetreues digitales Abbild der realen Welt erschafft“, sagt Heather Kerrick, Senior Research Engineer bei Autodesk.

„Eines unserer F&E-Projekte nutzt die Digital-Twin-Technologie in einer Programmierumgebung für Hardware, wie z. B. sechsachsige Roboterarme, sowie im Rahmen der Überwachung einer Anlage, bei der ein Benutzer aktiv auf das, was er sieht, reagieren und an seinen Geräten und Prozessen innerhalb des Digital-Twin-Modells Änderungen durchführen kann, die in der Folge automatisch am physischen Gegenstück des Modells durchgeführt werden.“

Ein Zwilling für jeden Bedarf

Digitale Zwillinge kommen, je nach Branche und Anwendungsfall, in unterschiedlichen Formen vor.

Beispielsweise kann eine Produktionslinie einen digitalen Zwilling haben, der ihren Status anzeigt und mit den Zufuhr- und Transferlinien verbunden werden kann, die Stillstände aufweisen. Derselbe digitale Zwilling kann sogar mit einer Plattform für die Finite-Elemente-Analyse verbunden werden, die zeigt, wie sich Änderungen am Design eines Produkts auf den realen Betrieb und die reale Effizienz der Anlage auswirken können.

Der äußerste Fall könnte die Produktion und Montage eines Kampfflugzeugs betreffen, bei dem jede reale Komponente und jedes reale System in einem 3D-Modell gespiegelt werden müssen. Möchten Sie wissen, warum das Fahrwerk feststeckt? Klicken Sie einfach auf das Fahrwerk des digitalen Modells und zoomen Sie in ein Subsystem hinein. Sie zoomen so lange, bis Sie die problematische Ebene identifiziert haben. Möchten Sie die neuen Steuerflächen des Jets testen? Fügen Sie sie einfach dem digitalen Zwilling hinzu und führen Sie eine Simulation durch.

Oder nehmen Sie das Beispiel einer mit Hilfe eines 3D-Druckers hergestellten Brücke in den Niederlanden, die von MX3D in Kooperation mit Autodesk entworfen wurde. Sowohl der Prototyp als auch die tatsächliche, endgültige Version der Brücke besitzen digitale Zwillinge, die für unterschiedliche Zwecke verwendet wurden.

„Unser ‚Smart Bridge‘-Prototyp im Pier 9 Technology Center von Autodesk besitzt einen funktionierenden, digitalen Zwilling, der auf einem Revit-Modell basiert – es handelt sich um eine einfache Struktur, also musste der digitale Zwilling nicht auf einem bereits erfassten Bestandsmodell aufgebaut werden“, sagt Alec Shuldiner, IoT-Researcher bei Autodesk und Projektmanager für die Zusammenarbeit mit MX3D.

„Dieser wird dazu verwendet, die Position der Sensoren anzuzeigen und mit Hilfe von Autodesk´s Project Dasher 360 die Daten darstellen zu können, die von diesen Sensoren in (Beinahe-)Echtzeit produziert werden. Wir nutzen Algorithmen des maschinellen Lernens, um aus diesen Sensordaten Einsichten abzuleiten, integrieren die gewonnen Informationen (z.B. Auslastungsraten) aber derzeit noch nicht in das Digital-Twin-Modell. Zukünftig werden wir den digitalen Zwilling nicht nur bestehende Datenflüsse anzeigen lassen, sondern wir erweitern diesen zusätzlich um die Outputdaten der ML-Algorithmen.

 „Die endgültige Version der Brücke ist weitgehend vollständig, aber das Sensornetz ist noch nicht angelegt bzw. angewendet worden“, fährt Shuldiner fort. „Wir gehen jedoch davon aus, dass im Laufe des Jahres ein digitaler Zwilling entwickelt werden wird, der mit dem der Pier-9-Brücke identisch ist im Hinblick auf die Position der Sensoren, die durch die Sensoren generierten Echtzeitdatenströme sowie die mittels ML aus diesen Daten abgeleitete Informationsbasis, einschließlich des  Echtzeitstatus der gesamten Struktur – mit einer entscheidenden Ausnahme:  Das zugrundeliegende Modell für den digitalen Zwilling wird auf einem Scan des tatsächlichen Baubestands der Brücke basieren (dies ist notwendig, da Umsetzung und ursprüngliches Design erheblich voneinander abweichen).“

Wie Sie sehen können, sind digitale Zwillinge echte Alleskönner, und ihre Anwendung variiert je nach Branche und Anwendungsfall. Welche Daten in einem Digital-Twin-Modell dargestellt werden können, hängt sowohl vom Einfallsreichtum desjenigen ab, der den Twin erstellt, als auch davon, was gemessen werden soll. Und sobald etwas gemessen wurde, kann es gemanagt werden. Es ist genau diese optimierte Analysefähigkeit durch effizientes Product-Lifecycle-Management, das die Digital-Twin-Technologie so attraktiv macht.

„Die Konvergenz einer physischen Anlage und seiner digitalen Fundamentaldaten durch einen digitalen Zwilling wird im gesamten Unternehmen einen Multiplikatoreffekt bewirken – angefangen bei neuen Produkten und Geschäftsmodellen bis hin zu besseren technischen Entscheidungen, verbesserter Effizienz und erhöhter Wartungsfreundlichkeit“, sagt Francois Lamy, Vice President, PLM Solutions der IoT Solutions Group, PTC.

„Indem Herstellern ermöglicht wird, den konkreten Anwendungsfall für ihre jeweilige Anlage zu simulieren, werden sie in die Lage versetzt, bessere Entscheidungen zu treffen. Sie können das Produkt in der Folge optimieren und es besser vermarkten. Die digitale Dokumentation der Anlage, angefangen beim Design über die Fertigung bis hin zum tatsächlichen Einsatz, bietet eine hervorragende Möglichkeit, die Rentabilität zukünftiger Verkäufe, Rückrufe oder Upgrades zu verbessern.“

„Allerdings“, fährt Lamy fort, „müssen die Hersteller damit beginnen, ihre Datenbasis entsprechend zu organisieren und diese mithilfe eines intelligenten, vernetzten Produktentwicklungsprozesses auszuwerten, bevor Sie einen digitalen Zwilling erstellen können. Durch die Organisation von Produktdaten in einer digitalen Produktdefinition, die proaktive Gestaltung von Produkten unter dem Gesichtspunkt der Konnektivität und die Sicherstellung eines sogenannten Digital Threads (einer Art digitaler „roter Faden“) über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg können Hersteller den nächsten Schritt zu einem vollständigen digitalen Zwilling unternehmen.“

Wo stehen wir derzeit?

Der digitale Zwilling ist vom Marktforschungsgiganten Gartner als einer der strategischen Top 10-Technologie-Trends für das Jahr 2018 identifiziert worden. Daher ist es kein Wunder, dass der digitale Zwilling Eingang in den Gartner Hype Cycle for Emerging Technologies 2017 gefunden hat.

Der Gartner Hype Cycle for Emerging Technologies 2017. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Gartner, Inc.)

Wie Sie dem Gartner Hype Cycle-Diagramm entnehmen können, befinden sich digitale Zwillinge derzeit in der „Innovation Trigger“-Phase, was bedeutet, dass die generelle Akzeptanz im Hinblick auf diese Technologie gering ist; die Nutzung beschränkt sich derzeit hauptsächlich auf Forschungsinstitute und auf die F&E-Abteilungen von Unternehmen. Die Grafik zeigt, dass das Plateau der Produktivität (und eine breite Akzeptanz) erst in etwa 5 bis 10 Jahren erreicht sein wird. Gartner selbst schätzt, dass derzeit 1-5 Prozent aller Anlagen über digitale Zwillinge verfügen.

Laut einer aktuellen Umfrage von Gartner streben 48 Prozent der Unternehmen, die derzeit IoT-Technologie nutzen, die Implementierung eines digitalen Zwillings im Jahr 2018 an. Laut Gartner werden 50 Prozent der Hersteller mit Anlagen im Wert von mehr als 5 Milliarden Dollar bis zum Jahr 2020 mindestens ein Projekt zur Einführung eines digitalen Zwillings für Produkte oder Anlagen am Laufen haben.

Was können wir daraus schließen? Nun, zumindest können wir festhalten, dass der digitale Zwilling eine Zukunftstechnologie ist, die das Interesse von Herstellern geweckt hat, aber noch nicht bereit zum Abheben ist. Wenn die große Zeit dieser Technologie anbricht, können wir allerdings davon ausgehen, dass High-End-Produktionsunternehmen in diese Domäne vorstoßen werden, die über die tatsächlichen Mittel verfügen, in die Entwicklung dieser Technologie zu investieren. Diese „Big Boys“ werden das Risiko einer frühen Anwendung eingehen, weil sie diejenigen sind, die am meisten davon profitieren werden.

Das Spiegeln komplexer Systeme

Nun da wir wissen, was ein digitaler Zwilling ist, auf welche technische Komplexitätsstufe steuern wir derzeit in Bezug auf die Digital-Twin-Technologie zu?

„Intelligente Produkte (Smart Products) sind komplexe Systeme von Subsystemen und erfordern die Simulation von Multi-Domain-Modellen und die Auslesung von Sensoren und Randgeräten, um ihre Leistung genau vorherzusagen zu können“, meint Tom Maurer, Senior Director of Strategy bei Siemens PLM Software.  „Die Leistungsüberprüfung von autonomen Level-5-Antriebssystemen stellt heutzutage, wenn nicht die komplexeste, so zumindest eine der kritischsten Anwendungen der Digital-Twin-Technologie dar. Ohne digitale Simulation, so schätzt man, wären zur Leistungsüberprüfung mehr als 14 Milliarden Kilometer physischer Testfahrten erforderlich.“

Das sind in der Tat eine Menge Testfahrten. Um Ihnen eine Vorstellung von der Dimension zu vermitteln: Das entspricht ungefähr einer Fahrt zum Planeten Pluto… und wieder zurück.

Zur Klarstellung: Unter einem autonomen Fahrzeug der Stufe 5 versteht man ein Fahrzeug, bei dem jeder Insasse zum Passagier wird und es keine Notwendigkeit mehr für menschliche Eingriffe oder Entscheidungen gibt. Dies stellt den heiligen Gral der Forschung auf dem Gebiet des autonomen Fahrens dar. Aufgrund der Komplexität aller beteiligten Systeme ist dies ein Bereich, der in hohem Maße von der Digital-Twin-Technologie profitieren kann.

Wie bereits erwähnt, wird der Vorstoß zur „Masseneinführung“ der Digital-Twin-Technologie von den großen Produktionsunternehmen angeführt werden.

„Während nahezu sämtliche Industriezweige Varianten der Digital-Twin-Technologie übernehmen, scheint das größte Interesse in dem Bereich Industrieausrüstungen (wie Heiz- und Kühlsysteme, Flüssigkeitspumpsysteme usw.) und der Energiewirtschaft (wie Windturbinen, Öl und Gas, etc.) zu bestehen“, sagt Sameer Kher, Leiter der Produktentwicklung bei ANSYS.

„Es kommt zu ersten Anwendungen digitaler Zwillinge in Hochleistungsbereichen, um die hohen Entwicklungskosten zu rechtfertigen“, fährt Kher fort. „Zu den Hochleistungsbereichen können entweder teure Anlagen wie Windturbinen oder Bereiche, in denen hohe Kosten im Fall eines Ausfalls entstehen, wie z.B.Pumpsysteme im Bereich der Öl- und Gasförderung, gezählt werden. Wir erwarten, dass digitale Zwillinge im Laufe der Zeit auf sämtliche Produktsegmente übergreifen und sogar im Verbraucherbereich ankommen werden.“

Vielleicht können wir also in Zukunft digitale Zwillinge von Elektrofahrzeugen, Smartphones und sogar digitale Zwillinge unserer eigenen Häuser erwarten, welche die Bereiche Sicherheit, Sanitär, Elektrik und Heizung in ein leicht zugängliches System integrieren, das sich aus verschiedenen Building-Information-Modellen (BIM) und Produktdaten zusammensetzt. Eines der wichtigsten Verkaufsargumente der Digital-Twin-Technologie besteht darin, dass Hersteller Produkt- und Produktionsdaten in nützliche Assets für den Einsatz im digitalen Zwilling verwandeln können. Hier kommt der modellbasierte Entwurf (MBD, model-based design) ins Spiel.

„Über den gesamten Produktentwicklungs-, Markteinführungs- und Supportprozess hinweg werden digitale Modelle und andere Entwicklungsdaten von unseren Kunden wiederverwertet“, sagt Maurer von Siemens PLM Software. „Wiederverwendbare Produktdaten werden in der Form vergangenheitsbasierter Anwendungsdaten in 1D-Systemmodellen umgesetzt. Diese wiederum werden in optimierte 3D-Modelle überführt, die letztendlich in der Fertigungsplanung und beim Life-Cycle-Support eingesetzt werden können.“

Technologische Herausforderungen

Wie bei jeder neuen Technologie sind Hürden zu überwinden, bevor die Digital-Twin-Technologie weithin angenommen werden wird.

„Es bleiben noch einige technologische Herausforderungen zu lösen – dazu gehören Herausforderungen hinsichtlich der Digitalisierung geistigen Eigentums im Zuge der Modellanfertigung, der Bedarf an schneller abrufbaren und präziseren Abbildungen der jeweiligen physikalischen Abläufe auf Systemebene und die skalierbare Konnektivität/ Kompatibilität mit vorhandenen IIoT-Plattformen (Iiot = Industrial Internet of Things)“, sagt Kher. „Die Lösung von ANSYS ist darauf ausgelegt, IIoT-Plattform-neutral zu sein. Wir sind gerade dabei, ein neues Produkt anzukündigen, das die meisten dieser Herausforderungen meistern kann, indem es unseren Kunden ermöglicht, bestehendes geistiges Eigentum optimal wiederzuverwerten, um möglichst präzise Modelle zu erstellen. Mit vorgefertigten Konnektoren für populäre IIoT-Plattformen und der Möglichkeit, Laufzeitmodelle zu generieren, werden wir die Konnektivität und den Einsatz digitaler Zwillinge für die Kunden erheblich vereinfachen.“

Diese Einschätzungen stimmen mit den Erkenntnissenin unserem Beitrag zur Cloud-basierten Simulation von letztem Monat überein. IP-Sicherheit ist ein Problem, insbesondere wenn es um sensible Branchen wie die Luft- und Raumfahrt geht.

Siemens hingegen hat andere Arten von Herausforderungen identifiziert.

„[Es besteht Bedarf] an einem umfassenden digitalen Zwilling, der die Produktkonzeption, die Produktion und die Leistung von intelligenten Produkten und Produktionsaktivitäten unterstützt“, sagt Maurer. „Komplexe Produktentwicklung erfordert bereichsübergreifende Lösungen, um die Auswirkungen auf andere Bereiche zu erkennen und zu verstehen – ein echtes Systemmodell. Diese Daten müssen über einen umfassenden Digital Thread – einen digitalen „roten Faden“ – miteinander verknüpft werden- Dieser verbindet die virtuelle Entwicklungsphase mit der tatsächlichen operativen Leistung, indem er die Prognosedaten mit den tatsächlichen Leistungsdaten vergleicht, damit fundierte Entscheidungen in beiden Domänen getroffen werden können.“

Da es sich um eine aufstrebende Zukunftstechnologie handelt, die sich ständig weiterentwickelt, ist es sehr wahrscheinlich, dass im Laufe der Zeit vollkommen unvorhergesehene Probleme auftreten.

„Die meisten Unternehmen unterschätzen die Komplexität, die das langfristige Management digitaler Zwillinge erfordert. Verschiedene Digital-Twin-Konfigurationen werden sich erheblich voneinander unterscheiden und sich je nach Geschäftsmodell, Zielszenario und Position in der Lieferkette ständig verändern“, sagt Marc Lind, Senior Vice President of Strategy bei Aras.

„In vielen Fällen werden Unternehmen eine Vielzahl unterschiedlicher Digital-Twin-Konfigurationen für unterschiedliche Produktlinien vorhalten und verschiedene Wege erproben müssen, Kundennutzen zu erbringen. Die Anwendung verschiedener Digital-Twin-Konfigurationen im selben Unternehmen bedeutet, dass Flexibilität, Offenheit und Erweiterbarkeit von Datenmodellen in der Zukunft entscheidende Erfolgsfaktoren sein werden.“

Fazit

Die Digital-Twin-Technologie stellt die perfekte Kombination aus Software, Hardware und IoT-fähigem Feedback dar und ermöglicht es Benutzern, 3D-Modelldaten über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg anzuwenden. Die Zeiten, in denen eine Komponente in einer CAD-Software entworfen wurde, um das resultierende 3D-Modell dann auf Nimmerwiedersehen in einem Archiv verschwinden zu lassen, sind endgültig vorbei. Digitale Zwillinge können diese ehemals “unintelligenten“ CAD-Modelle als dynamische und flexible Systemkomponenten in ihre eigene Struktur integrieren.

Die Unternehmen, mit denen wir gesprochen haben, pflegen sehr unterschiedliche Ansichten zu den aktuellen Herausforderungen des derzeitigen Standes der Digital-Twin-Technologie. Es herrscht Uneinigkeit darüber, in welche Richtung die Zukunft der Technologie gehen wird.

Einige Unternehmen wie Siemens sehen die Technologie als rein cloud-basiertes Asset aufgrund der Flexibilität und Skalierbarkeit der verfügbaren Rechenleistung, die für den Betrieb eines digitalen Zwillings erforderlich ist. Andere, wie ANSYS, sehen die Zukunft der Technologie eher als hybride Technik zwischen Cloud und Edge Computing.

Auch Aras sieht die Zukunft des Cloud Computing in einer Kombination aus den beiden.

„Digital-Twin-Strategien berühren eine Reihe verschiedener Aspekte, z. B. das Sammeln von Zeitreihendaten, die Durchführung von Simulationen, die Durchführung von Analysen, das Management der Digital-Twin-Konfiguration und einige mehr“, sagt Lind. „Wir von Aras sind davon überzeugt, dass Digital-Twin-Initiativen im Rahmen hybrider Ansätze sowohl cloud-basierte Ressourcen als auch bestehende Rechenzentrumsumgebungen nutzen werden.“

Man hört so viele unterschiedliche Meinungen, wenn man Unternehmen zu dieser Thematik befragt. Doch eines ist sicher: In den nächsten Jahren wird der Einsatz von digitalen Zwillingen dramatisch ansteigen, und zwar basierend auf den jeweils unterschiedlichen Lösungen für die von den jeweiligen Unternehmen identifizierten Herausforderungen.

Und sobald die „Big Boys“ die Technologie beherrschen, die für die Erstellung von digitalen Zwillingen erforderlich ist, und wir in die Phase eines allgemeinen „IoT-Agnostizismus“ eingetreten sind, können wir davon ausgehen, dass digitale Zwillinge auch immer stärker im Konsumgütersegment eingesetzt werden und die allgemeine Akzeptanz steigt.

Falls Sie weitere Anwendungsfälle studieren oder mehr über die Digital-Twin-Technologie im allgemeinen Kontext der Industrie 4.0 erfahren möchten, finden Sie unter folgendem Link einen interessanten Artikel der Deloitte University Press.