Die Auswahl des richtigen Turbulenzmodells für Ihre CFD-Simulation

Shawn Wasserman |

CFD-Turbulenzsimulation der Strömungsgeschwindigkeiten rund um ein Fahrwerk. (Bild mit freundlicher Genehmigung von CD-adapco/Siemens.)

Schon seit dem 19. Jahrhundert gilt die Bestimmung eines geeigneten Simulationsmodells zur exakten Beschreibung von Turbulenzen als kniffliges Unterfangen.

Nichtsdestotrotz sind Ingenieure darauf angewiesen, turbulente Strömungen zu simulieren, um ihre Konstruktionen für die Praxis zu optimieren. Verschiedene empirische oder (teilweise) abgeleitete Turbulenzmodelle wurden eingeführt, um Ingenieuren zu helfen, das beste Modell für ihre Vorgehensweise zu bestimmen, und dennoch kann ein solches Unterfangen viel Trial-and-Error-Ansätze sowie zahlreiche physische Tests erfordern.

Um Endnutzern die Wahl eines geeigneten Turbulenzmodells zu erleichtern, nannte uns David Corson, Manager im Bereich Program Management bei Altair, einige Optionen, die gemeinhin als die präzisesten Universalmodelle angesehen werden: Spalart-Allmaras, SST und k-omega. „Für die meisten technischen Anwendungen bieten diese Modelle einen guten Ausgleich zwischen rechnerischem Aufwand und Genauigkeit“, so Corson.

Leider brauchen Ingenieure mehr als diese recht überschaubare Liste, um die richtige Wahl zu treffen. MIT-Professor Emilio Baglietto betonte uns gegenüber, wie wichtig es ist, ein grundlegendes Verständnis der fundamentalen Herausforderungen, Mythen, Irrtümer, Erfolge und Misserfolge in der numerischen Strömungsmechanik (engl. Computational Fluid Dynamics, CFD) zu haben, um adäquat bestimmen zu können, welches Modell das richtige ist.

Die Schwierigkeit bei der Definition turbulenter Strömungen

Baglietto erklärte, dass die Mission, eine allgemeine Lösung für sämtliche Turbulenzarten zu finden, als das Schließungsproblem der Turbulenz bekannt ist. Ziel ist es, die Navier-Stokes-Gleichungen mit den Reynolds-Spannungsgleichungen in Einklang zu bringen, die beide der Berechnung turbulenter Strömungen dienen. Die Lösung ist schwer nachvollziehbar geblieben, da eine Mittelung nichtlinearen Auftretens schwankender Mengen nur neue Unbekannte schafft, die nicht auf klar bestimmbaren Gleichungen basieren.

Simulation von Flüssigkeitsströmen in einer Waschmaschine unter Verwendung der Software SIMULIA. (Video mit freundlicher Genehmigung von Dassault Systèmes.)

Turbulenzmodelle versuchen, das Gleichungssystem turbulenter Strömungen zu schließen, indem sie neue Gleichungen durch Experimente oder Ableitungen entwickeln, im Hinblick auf ganz spezifische Anwendungen.

Corson stellte fest, dass im Zuge der Erstellung eines Turbulenzmodells zahlreiche Annahmen getroffen werden, um die Rechenaufwand der Simulation zu reduzieren. Ausgehend von der Art der zu modellierenden Strömung sind die Arten von Annahmen jeweils unterschiedlich.

Dies hat zu einer stark gestiegenen Zahl an verfügbaren Turbulenzmodellen geführt, was die Auswahl einer CFD-Simulationssoftwarelösung zu einer beträchtlichen Herausforderung für Ingenieurteams macht. Denn obwohl eine große Zahl an Modellen nicht immer von Vorteil ist, erhöht eine geringe Auswahl die Wahrscheinlichkeit, dass Ihrer Software das spezifisch benötigte Turbulenzmodell fehlt.

„Beim Kauf eines CFD-Systems könnte man denken, dass es von Vorteil wäre, viele Turbulenzmodelle zur Verfügung zu haben“, sagte Paul Malan, Manager im Bereich Strömungsanwendungen bei SIMULIA R&D. „Sagen wir, Sie kaufen das perfekte System mit beispielsweise 50 verschiedenen Modellen. Sie sind begeistert, denn mindestens eines von ihnen wird mit Sicherheit die richtige Wahl sein. Aber wenn der Ingenieur dann ein echtes Problem zu lösen beginnt, muss er sich für eines der 50 entscheiden. Welches soll er wählen? Und wenn er die Wahl getroffen hat, woher weiß er dann, dass es die geeignete Wahl ist?“

Der Schlüssel zur Wahl des richtigen Modells liegt darin, seine Stärken, Schwächen und Definitionen zu verstehen. Corson: „Solange es kein einziges allgemeingültiges Turbulenzmodell gibt, werden CFD-Ingenieure immer mit der Herausforderung konfrontiert sein, das richtige Modell für den jeweiligen Job auswählen zu müssen.“

Hier ist eine vergleichende Auflistung von Turbulenzmodellen:

Reynolds-gemittelte Navier-Stokes-Modelle

Die Modellfamilie der Reynolds-gemittelten Navier-Stokes-Modelle (RANS) ist die größte im Bereich der Turbulenzen. Diese Modelle versuchen, Turbulenzgleichungen mit Hilfe von Viskositätswerten zu lösen. Eine gemeinsame Variable, die im Rahmen dieser Modelle verwendet wird, ist k, oder die kinetische Energie pro Masseeinheit turbulenter Fluktuationen.

Baglietto erklärte, dass es zahlreiche Möglichkeiten gibt, diese Gleichungsschlüsse auszuführen, aber einige sind wesentlich häufiger und ergiebiger als andere. Typischerweise werden algebraische Modelle entweder mit einer oder zwei Gleichungen verwendet.

„Der dadurch eingeschränkte Freiheitsgrad der Gleichung führt zu der inhärenten Annahme, dass die Turbulenzen isotrop sind und nicht durch die Nähe zu Wänden, starke Scherung oder wirbelnde Strömungen beeinflusst werden“, sagte David Mann, Produktmanager für STAR-CCM+ bei CD-adapco. „Wir sollten versuchen, die RANS-Modelle um solche Faktoren zu ergänzen, um die Grenzen dieses Modells zu überwinden, anderenfalls werden sie sich für solche Art von Strömungen nur schlecht eignen.“

Es gibt einige Beschränkungen bei RANS-Modellen, die auf der Definition der turbulenten Viskosität basieren. Diese Einschränkungen sind:

  • Fehlen physikalischer Definitionen
  • Turbulenzinduzierte Sekundärströme
  • Stromlinienförmige Kurven
  • Wirbelartige Strömungen oder rotierende Strömungen
  • Übergangsströmungen zwischen turbulenten und laminaren Strömungen
  • Unstete Strömungen, z.B. bei Verbrennungsmotoren
  • Stagnierende Bereiche innerhalb der Ströme

RANS-Einzelgleichungsmodell: Spalart-Allmaras

Simulation der Turbulenzströmung um ein NACA-Profil, berechnet mit der Spalart-Allmaras-Methode im Rahmen von COMSOL. (Bild mit freundlicher Genehmigung von COMSOL.)

„Spalart-Allmaras (SA) ist ein auf einer Einzelgleichung basierendes Turbulenzmodell, das speziell für aerodynamische Strömungen wie z. B. die Überschallströmung über Tragflächen entwickelt wurde“, erklärte Baglietto.

Das Modell basiert auf kinematischer Wirbelviskosität und dem jeweiligen Mischungsweg. Dieser Mischungsweg bestimmt die Transportgleichung der turbulenten Viskosität.

Baglietto bemerkte, dass seine Popularität des Modells zu einem großen Teil auf seiner Robustheit und seiner schnelle Implementierbarkeit bei der Modellierung sehr spezifischer Strömungsarten zurückzuführen ist. Die Spalart-Allmaras-Berchnung ist nicht speicherplatzintensiv und hat eine gute Konvergenz, schließt jedoch keine Wandeigenschaften ein. Es ist u.a. ein beliebtes Ergänzungsmodell im Rahmen verschiedener CFD-Systeme.

„Wenn wir die Vor- und Nachteile betrachten, war das Spalart-Allmaras-Modell in der Vergangenheit eine gute Option – aufgrund seiner Schnelligkeit und Robustheit“, so Corson.

„Weil wir nur eine einzige Turbulenzgleichung lösen müssen“, fügte Corson hinzu, „ist die nichtlineare Konvergenz hervorragend und das Modell ist sehr tolerant im Hinblick auf schlechte Netzqualität, besonders in Wandnähe. Der Nachteil ist, dass es gleichzeitig einige Beschränkungen aufgrund der Formulierung mittels einer einzigen Gleichung aufweist. Die Turbulenzlänge und die Zeitskalen sind nicht so gut definiert wie bei anderen Modellen, wie z. B. dem SST-Modell.“

Zu den Beschränkungen von Spalart-Allmaras gehören:

  • Scherströmungen
  • Unterschätzung von Trennungsbewegungen
  • Zerfallende Turbulenzen

RANS-Zwei-Gleichungs-Modell: Standard k-Epsilon, Realisierbares k-Epsilon, RNG k-Epsilon

Turbulente Strömung um ein fahrzeugähnliches Modell, berechnet in COMSOL mit Hilfe eines k-Epsilon-Modells. (Bild mit freundlicher Genehmigung von COMSOL.)

„Im k-Epsilon-Standardmodell wollen wir zwei Variablen lösen, die turbulente kinetische Energie, k, und die Abflussrate der kinetischen Energie, ε“, erklärte Valerio Marra, Marketing Manager bei COMSOL.

Marra führte aus, dass das Modell Wandfunktionen nutzt, um die Strömungsgeschwindigkeit in der viskosen Unterschicht nahe der Wand analytisch zu erfassen.

Die Methode bietet eine gute Konvergenz und ist nicht speicherplatzintensiv. Marra erklärte uns außerdem, dass das Modell typischerweise für externe Strömungen mit komplexer Geometrie verwendet wird. Es ist jedoch nichtsdestrotz gut als Universalmodell geeignet.

Baglietto bemerkte, dass die Gleichung für Epsilon axiomatisch und daher nicht perfekt sei. Dennoch wird das Modell für den Großteil der Anwendungen eingesetzt. Dies liegt zum Teil daran, dass viele der Einschränkungen des Modells ausreichend bekannt sind.

Einschränkungen des k-Epsilon-Modells schließen ein:

  • Rutschfeste Wände
  • Verzerrende Druckgradienten
  • Starke Krümmungen
  • Jetströmungen
  • Schwierigkeiten bei der Lösung von Epsilon

Trotzdem gilt das Modell als zuverlässig aufgrund seiner Berechenbarkeit und zahlreicher Varianten, die das Modell im Hinblick auf verschiedene spezifische Anwendungen zu optimieren suchen.

Die wohl bekannteste Variante des Modells ist das nichtlineare k-Epsilon-Modell. Diese Variation modifiziert die Gleichung für Epsilon und ergänzt das Modell um den Effekt der gemittelten Strömungsverzerrung auf die turbulente Dissipationsrate.

„Dieses Modell ist die Standardeinstellung in handelsüblichen Softwarepaketen und stellt die bewährteste, am besten quantifizierte und am umfassendsten dokumentierte aller Lösungsannäherungen dar“, so Baglietto. „Das Modell zeigt eine bessere Leistung bei ebenen Oberflächen, runde Düsen, Rotationen, Zirkulationen und stromlinienartigen Kurven. Es verbessert außerdem das Grenzschichtverhalten bei starken, verzerrenden Druckgradienten oder Strömungstrennungen. Aber es ist weit entfernt von einer magischen Lösung, da es immer noch auf turbulenter Viskosität basiert.“

Malan wies darauf hin, dass k-epsilon der „de facto“-Standard unter den Zwei-Gleichungs-Modellen geworden ist, da seine zweigleisige Formulierung die Anwendbarkeit auf gut aufgelöste Grenzschichten verbessert hat. Es konnte außerdem die Ergebnisse bei komplexen, getrennten industriellen Strömen optimieren.

Eine weitere beliebte Modifikation des k-Epsilon-Modells ist das RNG-Modell („Renormalization Group“). Das Modell wurde ursprünglich abgeleitet, indem man versuchte, die Gleichung nach Epsilon mit der Navier-Stokes-Methode zu lösen. Das Ergebnis war der ursprünglichen Gleichung sehr ähnlich. Die Aktualisierung der Methode hat jedoch der Epsilon-Gleichung einen Faktor hinzugefügt, der die mittlere Strömungsverzerrung der Turbulenzdissipation mitberücksichtigt.

Das Ergebnis ist, dass RNG niedrigere Turbulenzen erzeugt und den Wert von k in bestimmten Fällen unterschätzen kann. Dies führt zu einer weniger viskosen Strömung, was bei komplexerer Geometrie realistischere Strömungseigenschaften zur Folge hat. Obwohl die Methode populär ist, stellte Baglietto fest, dass sie kein hohes Ansehen bei vielen Modellierungsfachleuten genießt, da sie an den falschen Stellen übergenau arbeitet.

„Es ist die Produktion von k, die von EVM-Modellen (Eddy-Viskositätsmodelle) gemeinhin überschätzt wird und nicht die Höhe von Epsilon“, erklärt Baglietto, „Deshalb sollte der Ausgleich in einer besseren Darstellung der Anisotropie und – noch wichtiger – der regulären Spannungen gefunden werden.

Obwohl die standardmäßigen, nichtlinearen und RNG-Varianten von k-Epsilon-Modellen bei CFD-Anbietern sehr beliebt sind, liegt Baglietto richtig, dass das RNG-Modell seine Schwächen hat. Dies hat zumindest einen Anbieter dazu veranlasst, Maßnahmen zu ergreifen: „Obwohl SIMULIA früher eine Version des RNG-Modells zur Verfügung gestellt hat, werden wir es im Rahmen der R2017x-Version nicht weiter unterstützen“, erklärte Malan. „Wir glauben, dass es wenig oder gar keinen Vorteil gegenüber dem nichtlinearen k-Epsilon-Modell bietet, das es vollständig abgelöst hat, und wir sehen keinen Grund, warum jemand es anderen Lösungen vorziehen wollen würde.“

Zwei-Gleichungs-RANS-Modelle: Standard-k-Omega und SST-k-Omega

Ein weiteres beliebtes Zwei-Gleichungs-Modell paart k mit der spezifischen Dissipationsrate der kinetischen Energie, oder Omega (ω). Baglietto erklärte, dass das Ziel des standardmäßigen k-Omega-Modells darin bestehe, die Nah-Wand-Vorgänge genauer zu modellieren als die k-epsilon-Modelle.

Allerdings stellte er fest, dass k-omega dazu tendiert Scherspannungen von Grenzschichten verzerrender Druckgradienten zu überschätzen und dass das Modell Probleme mit freifließenden Strömungen hat. Außerdem ist es sehr empfindlich gegenüber Eintrittsrandbedingungen – ein Nachteil, mit dem man es bei k-Epsilon-Modellen nicht zu tun hat.

Links: Simulation einer turbulenten Strömung, modelliert mit dem SST-k-Omega Turbulenzmodell (SST, „Shear Stress Transport“, dt. in etwa „Schubspannungstransport“) mittels Altair AcuSolve. Rechts: Vergleich der Konvergenzrate für das mit Spalart-Allmaras-, SST-k-Omega- und Standard-k-Omega-Gleichungen gelöste Modell. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Altair.)

„Der größte Vorteil des k-omega-Modells besteht darin, dass es ohne weitere Modifikation entlang der gesamten Grenzschicht angewendet werden kann“, erklärte Baglietto. „Außerdem kann in diesem Modus das Standard-k-Omega-Modell ohne Berechnung des Wandabstandes verwendet werden.“

k-Omega ist ein beliebtes Modell für Turbomaschinen-Simulationen und für Simulationen, die starke Wirbel enthalten, wie z. B. bei Flügelspitzen“, sagt Mann. „Es ist gut für wirbelnde Strömungen und für den Nah-Wand-Bereich geeignet, aber es überschätzt Trennungseffekte.“

Die Beschränkungen von k-omega umfassen u.a.:

  • Schwierigkeiten bei der Konvergenz im Vergleich zu k-Epsilon
  • Empfindlichkeit gegenüber Ausgangsbedingungen

Eine Variante des k-Omega-Modells, die sich vor allem in der Luftfahrt durchgesetzt hat, ist das SST-Modell („shear stress transport“, zu dt. in etwa „Schubspannungstransport“). Das Modell hat an Popularität aufgrund seiner Fähigkeit gewonnen, Trennungs- und Wiedervereinigungseffekte besser vorauszusagen als k-Epsilon und Standard-k-Omega.

„Das SST-k-Omega-Modell ist eine Weiterentwicklung des ursprünglichen k-Omega-Modells und behebt einige spezifische Schwächen des Ausgangsmodells, wie z. B. die Empfindlichkeit gegenüber Freistromturbulenzen“, erklärte Malan. „Es hat den Vorteil, dass es ohne weitere Modifikationen auf viskose Bereiche angewendet werden kann, was ein Grund dafür ist, dass es ein Mittel der Wahl bei solchen Luft- und Raumfahrtanwendungen geworden ist, bei denen die Strömungen als zu komplex für die Spalart-Allmaras-Methode erachtet werden.“

Das SST-Modell berücksichtigt übergreifende Strömungsdiffusion und koppelt damit die k-Epsilon- und k-Omega-Modelle miteinander. Unter Verwendung einer kombinierten Funktionsgleichung, die auf dem Abstand von der Wand basiert, können Ingenieure übergreifende Diffusionen in einigem Abstand von der Wand, aber nicht in Wandnähe berücksichtigen. Mit anderen Worten nutzt SST die Wandnähe wie ein Schalter und arbeitet wie k-Epsilon bei gewissen Entfernungen und wie k-omega bei Nähe zu der modellierenden Geometrie.

„Traditionalisten mögen sich stark dagegen wehren, dass die Übergangsstelle dieser Mischfunktion willkürlich ist und einige kritische Eigenschaften des Turbulenzverhaltens verzerren könnte“, so Baglietto. Das Modell ist also ganz offensichtlich nicht perfekt; es benötigt außerdem Begrenzer, um die Vorhersage stagnierender Strömungsregionen zu verbessern. Darüber hinaus hat es Probleme mit der Vorhersage von Turbulenzniveaus sowie komplexen internen Strömungen und berücksichtigt Auftriebseffekte nicht.

Malan fügte hinzu: „Einige behaupten, dass das Modell eine bessere Leistung als das k-epsilon Modell zeigt, wenn es Grenzschichten mit verzerrenden Druckgradienten simuliert. Letztlich unterscheidet sich die Performance des SST-k-Omega aber nicht wesentlich vom nichtlinearen k-Epsilon-Zweischichtmodell. Die Wahl zwischen den beiden Optionen wird normalerweise von den individuellen Vorlieben des jeweiligen Anwenders bestimmt.“

Es scheint, dass viele Ingenieure k-Omega bevorzugen, da alle von uns befragten CFD-Anbieter das SST-Modell nutzen und die meisten von ihnen auch das Standard-k-Omega in ihr System integriert haben.

 

Large-Eddy-Simulation und Detached-Eddy-Simulation

Simulation einer turbulenten Strömung um einen Zylinder mit dem Turbulenzmodell Acusolve LES von Altair. (Bild mit freundlicher Genehmigung von Altair.)

RANS-Modelle simulieren alle Größenordnungen von Turbulenzen, können sie jedoch nicht auflösen. Large-Eddy-Simulationen (LES) und Detached-Eddy-Simulationen (DES) hingegen lösen die größten Turbulenzen auf und modellieren den Rest mit Hilfe von kleinskaligen Turbulenzmodellen oder durch Vereinigung mit einem RANS-Modell.

Das LES-Modell wird zur Vorhersage großer turbulenter Wirbelstrukturen im Zuge der Lösung eines CFD-Modells mit feinmaschigem Gitter verwendet. Da Turbulenzen in Wandnähe jedoch eher klein sind, kann das Modell diese Bereiche nicht exakt vorhersagen.

„LES- und DES-Simulationen werden immer häufiger für Anwendungen der Aeroakustik oder Verbrennung durchgeführt und wiederum gibt es mehrere Varianten dieser Modelle“, erklärte uns Mann. „DES ist ein hybrides RANS-LES-Verfahren, das die Vorteile von LES zur Auflösung der großen turbulenten Strukturen in ausreichendem Abstand von der Wand mit den Vorteilen von RANS in Wandnähe kombiniert, wo die turbulenten Wirbel zu klein sind, um sie aufzulösen. Es ist wichtig zu beachten, dass der RANS-Anteil der DES-Modelle nach wie vor für die Vorhersage von Trennungs-, Wärmeübertragungs- und anderen Nah-Wand-Effekten verantwortlich ist.“

Die größten Einschränkungen bei den LES- und DES-Modellen ist der hohe Rechen- und Programmieraufwand. Dies erklärt wahrscheinlich, warum LES- und DES-Modelle bei CFD-Anbietern weniger beliebt sind. Wenn Sie also eines dieser Modelle im Rahmen Ihrer Anwendung verwenden möchten, dann wählen Sie Ihre CFD-Software mit Bedacht aus.

„Alle RANS-Modelle sind bei stark unterteilten Strömungen in ihrer Genauigkeit begrenzt“, erklärte uns Corson. „Für solche Anwendungen oder solche, die eine exakte Auflösung turbulenter Strukturen erfordern, ist es notwendig, auf sogenannte SRS-Modelle zu setzen („Scale-Resolving Simulations“). DES-Modelle erfüllen diese Anforderungen, gehen aber auf Kosten der Rechenzeit.“

„Wenn es um SRS-Modelle geht, ist die auf Spalart-Allmaras basierende DES – genauer gesagt, die verzögerte Detached-Eddy-Simulation – bei unseren Anwendern bei weitem am beliebtesten“, so Corson. „Dieses Modell ist sehr stabil und bietet eine herausragende Genauigkeit bei extrem getrennten Strömungen. Für zusammenhängende Strömungen, bei denen geringere Turbulenzen von Bedeutung sind, wählt der Anwender typischerweise das dynamische LES-Modell im Subraster-Bereich. Dieses Modell hat eine exzellente Genauigkeit und hat im Vergleich zur Version mit festem Koeffizienten kaum oder keine Nachteile.“

Reynolds-Spannungsmodell

„Das Reynolds Stress Modell (engl. Reynolds Stress Model, RSM) ist die vollständigste physikalische Darstellung turbulenter Strömungen“, sagte Baglietto. „Es ist nützlich bei neuen Anwendungsformen und ist in der Lage, komplexe Kraftwege wie wirbelnde Strömungen und sekundäre Strömungen zu erfassen. Für wirbelnde Strömungen, wie z. B. Zyklone, ist RSM die einzige präzise Schließungsmethode.“

Diese Modelle versuchen, den Strömungsfluss und die Bedingungen direkt in RANS-Gleichungen zu modellieren. Sie basieren auf den sechs Gleichungen, die turbulente Spannungen beschreiben, und repräsentieren den Strömungsfluss sehr gut, aber auf Kosten hohen Rechenaufwandes. Sie werden in der Regel auf Ströme verwendet, die äußerst komplex sind oder noch nie zuvor untersucht wurden.

Zu den Einschränkungen von RSM gehören:

  • Rechenaufwand
  • Empfindlichkeit gegenüber Ausgangsbedingungen
  • Erforderliches Modellierungsvolumen
  • Notwendigkeit qualitativ hochwertiger Netze

Aufgrund des Schwierigkeitsgrads dieser Modelle sind sie bei CFD-Anbietern nicht sehr beliebt. Deshalb müssen Ingenieure, die RSM nutzen möchten, diverse Recherchen durchführen oder dieses eBook lesen.

Wie wähle ich mein Turbulenzmodell also gleich nochmal aus?

Simulation eines in COMSOL Multiphysics berechneten Ozonreaktors von 6 m (19,7 Fuß). Die korrekte Erfassung der Turbulenzen erlaubt eine Abschätzung der Verweilzeiten der einzelnen chemischen Stoffe. (Bild mit freundlicher Genehmigung von COMSOL.)

Jetzt, da Sie all diese Informationen in Bezuf auf die Turbulenzmodellarten erhalten haben, fragen Sie sich wahrscheinlich, nach welchen Kriterien sie nun das für Ihre Zwecke geeignete Turbulenzmodell auswählen sollen.

„Bevor man sich für ein Modell entscheidet, muss man sich fragen, auf welche Frage man eine Antwort sucht“, erklärte Mann. „Dann muss man die Stärken und vor allem die Schwächen jedes Modells verstehen, damit man sicher sein kann, dass die Stärken des gewählten Modells auf die Art des Problems abgestimmt sind und dass man nicht etwas von einem Modell erwartet, das es nicht oder nur ungenügend zu leisten in der Lage ist.“

Mann erläuterte das anhand eines interessanten Beispiels. Angenommen, Sie wollten die Luftströmung um einen Flugzeugkörper näher betrachten. Die Spalart-Allmaras-Methode wäre in diesem Fall eine gute Wahl, da sie für diese Art von Anwendung getestet und bekannt ist. Möchte man sich jedoch weiter in das Design einarbeiten und den Anstellwinkel bestimmen, der zum Strömungsabriss des Profils führt, dann ist Spalart-Allmaras nicht mehr das Modell der Wahl.“

„Es wird Ihnen lange nach der tatsächlichen Trennung der Ströme noch einen zusammenhängenden Fluss modellieren“, erklärte Mann. „Der Grund dafür ist, dass obwohl das Modell zwar für zusammenhängende Strömungen in der Raumfahrt entwickelt wurde, es schlicht nicht mit ausreichenden Freiheitsgraden ausgestattet ist, um den Strömungsabriss adäquat vorhersagen zu können.“

Auch andere Faktoren beeinflussen die Wahl des Modells, wie z. B. die Auflösung des Netzes in Wandnähe. Dies liegt daran, dass turbulente Strömungen in der Nähe der Wand sich anders verhalten als im Inneren des Raums. Normalerweise wird die Strömung zur Wand hin begrenzt und Wirbel werden anisotrop; in Wandnähe wird die Strömung laminar an der viskosen Unterschicht. Das ist mit vielen Turbulenzmodellen nicht kompatibel, die davon ausgehen, dass die Strömung völlig turbulent und isotrop ist.

Wenn das Netz in Wandnähe fein ist, muss das Modell mit einer wandnahen turbulenten Strömung kompatibel sein. „Das Verständnis, wie Ihr gewähltes Turbulenzmodell mit der Anisotropie der Nahwandströmung und anderer Phänomene wie Wirbelströmungen umgeht, ist der Schlüssel, um eine optimale Entscheidung im Zuge Ihrer Modellauswahl zu treffen“, sagte Mann.

Marra stimmte zu, dass bestimmte Modelle die viskose Unterschicht und Pufferschicht anhand der Verwendung von Wandfunktionen unterschiedlich behandeln. Diese Modelle unterscheiden sich in Bezug auf die Anzahl der gelösten Variablen, der Funktion dieser Variablen sowie der Geschwindigkeits- und Druckwerte.

„Jedes Turbulenzmodell hat Stärken und Schwächen. Ein grundlegendes Verständnis ihrer Anwendbarkeit ist von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, die richtige Wahl zu treffen“, sagte Marra. „Einige Modelle eignen sich gut für interne Strömungen, andere für externe Strömungen um komplexe Geometrien. Manche Ingenieure sind vielleicht eher an getrennten Strömungen oder Jetströmungen interessiert, oder sie müssen Auftriebe, Luftwiderstände, Wärmeflüsse o.ä. mit hoher Genauigkeit berechnen. Sobald ein Modell ausgewählt wurde, das die Kriterien für die jeweilige Aufgabe erfüllt, wird im nächsten Schritt ein Netz verwendet, das alle Details des Strömungsflusses erfassen kann.“

Corson wies darauf hin, dass die Best Practice bei Altair darin besteht, die dominante Eigenschaft einer turbulenten Strömung zu identifizieren und die Wahl des Modells an dieser Eigenschaft auszurichten. Der Ingenieur kann dann untersuchen, wie das Modell in typischen Situationen und bei typischen Strömungen, in denen diese Merkmale dominant sind, agiert und die Ergebnisse mit experimentellen Daten vergleichen.

„Sobald Sie identifiziert haben, welches Modell am besten für die typischen Strömungsarten, für die sie sich interessieren, geeignet ist, können Sie zu komplexeren Anwendung übergehen“, sagte Corson. „Wir können nicht garantieren, dass die Modelle im komplexen Fall die gleiche Genauigkeit bieten, aber dieser Ansatz bietet einen guten Ausgangspunkt, der für ein vernünftiges Level an Genauigkeit ausreichen sollte.“

Marra hingegen wies auch auf andere Faktoren hin, die Ingenieure bei der Auswahl von Turbulenzmodellen berücksichtigen sollten. Diese Faktoren sind:

  1. Genauigkeit des Modells bei Anwendung der Standardausführung
  2. Fähigkeit des Modells, geeignete Ergebnisse in Anwendungen zu erzielen, für die es ursprünglich

nicht vorgesehen ist

  1. Der Rechenaufwand des Modells und seine Fähigkeit, schnelle vorläufige Ergebnisse zu erzielen,

um Designoptionen in frühen Stadien auszuschließen.

Manchmal bleibt einem Ingenieur nichts anderes übrig als ein rechenintensives Modell auf technischer Infrastruktur mit begrenzter Rechenleistung zu verwenden. In solchen Fällen empfiehlt Marra die Best Practice der Verwendung von Grenzschichtnetzen an der Wand und adaptiven Netzverfeinerungen innerhalb der Strömungsmasse. Dies kann Ingenieuren dabei helfen, die erforderliche Genauigkeit mit der verfügbaren  Rechenleistung in Einklang zu bringen.

Letztendlich kommt es jedoch auf die Wahl des richtigen Modells an. Ein erfahrener Fachmann in CFD-Simulation könnte in der Lage sein, sich eine Anwendung anzusehen und einige Modelle zu nennen, die im Kontext dieser Anwendung in Frage kommen. Anhand der Konvergenz von Lösung und Netz können die Ingenieure aus dieser Shortlist dann das am besten geeignete Modell auswählen.

Aber egal, wer Sie sind oder was Sie simulieren, es ist immer eine gute Option, zu überprüfen, ob das Turbulenzmodell Ergebnisse in Übereinstimmung mit ausgewählten experimentellen Daten liefert. Selbst die besten Fachleute können sich irren, und es ist am besten, Irrtümer so früh im Entwicklungszyklus wie irgend möglich zu bemerken.

„Für Anwendungen, die eine hochpräzise Auflösung spezifischer Strömungseigenschaften erfordern, ist die einzige Möglichkeit zur Bestimmung des besten Modellierungsansatzes der Vergleich mit den für diese Anwendung spezifischen experimentellen Daten“, so Corson. „In diesem Fall ist eine Sensibilitätsuntersuchung des Turbulenzmodells notwendig, um herauszufinden, welches Modell im Vergleich mit den experimentellen Daten die besten Ergebnisse liefert.  Sobald die Best Practice für diese Anwendung identifiziert ist, können die gleichen Modellierungsstrategien dann auf ähnliche Anwendungen in der Zukunft angewandt werden.“

Sobald Sie einige in Frage kommende Turbulenzmodelle für Ihre Anwendung ausgewählt haben, müssen Sie sicherstellen, dass diese Modelle in der CFD-Software enthalten sind, auf die Sie Zugriff haben. Andernfalls müssen Sie möglicherweise nach einer neuen CFD-Plattform Ausschau halten.

Um zu sehen, welche Modelle die verschiedenen CFD-Lösungen bieten, werfen Sie einen Blick in unser eBook: Turbulence Models Offered by CFD Simulation Vendors (englischsprachig).

Mehr allgemeine Informationen zum Thema Simulation erfahren Sie hier: Current Overview of Simulation Technology (englischsprachig)